Die Geschichte des Reit- und Fahrvereins Harsum und Umgebung e. V.

1928- 1935 Vereinsgründung mit Vorsitz Rudolf Hartje

Im Herbst 1927 kam bei vielen Harsumer Jungbauern und Geschäftsleuten der Gedanke auf, in Harsum einen Reiterverein zu gründen. Im landwirtschaftlichen Betrieb wurden viele Pferde gehalten. Meist dienten diese als Arbeits- und Zugtiere, denn Trecker, Autos und Lastwagen gab es noch nicht. Daneben hielten auch viele Harsumer Gewerbebetriebe Pferde, um damit Fahrten zu erledigen. So diente das Pferd zum Beispiel den Käsefabrikanten, von denen es damals ca. 30 in Harsum gab, zum Transport von Quark und Käse. Da es neben ausgesprochenen Kaltblutpferden auch viele Oldenburger und Hannoveraner in Harsum gab, war der Gedanke einer Reitervereinsgründung gar nicht so abwegig. In den letzten Jahren waren bereits in Hohenhameln und Vogtei Ruthe Reitervereine gegründet worden, in einer Zeit als der bekannte Landstallmeister, Gustaf Rau, als Sprecher für die ländliche Reiterei deren Wegbereiter war. So traf man sich auf Initiative von Gemeindevorsteher Hartje, Oberlandjäger Gustav Schlosser und Bernhard Wedig, am 6. Januar 1928, in der Gaststätte Wehrmaker und hob den Reiterverein Harsum und Umgebung aus der Taufe. Ziel sollte schlicht sein: Das Reiten.

Der erste Vorstand

Erster Vorsitzender: Rudolf Hartje
1. Schriftführer: Konrad Steinmann
2. Schriftführer: Bernhard Wedig
Kassenwart: Josef Heineke
Reitlehrer: Gustav Schlosser

Oberlandjäger Schlosser, von dem es hieß, er sei mit seinen 270 Pfund Gewicht der schwerste Gendarm Deutschlands, erteilte einen vorzüglichen Reitunterricht, so dass der Verein schnell an Mitgliedern zunahm. Er selbst konnte jedoch nur noch zu Fotoaufnahmen auf dem schweren Oldenburger von Franz Wedig aufsitzen. Als Reitgelände stellte die Gemeinde Harsum dem Reiterverein unentgeltlich 10 000 m2 Land zur Verfügung. In Selbsthilfe wurde die Feldscheune am Mahnhof ausgeräumt und zur Reithalle umfunktioniert. Zum dressurmäßigen Reiten war die Halle zwar gut geeignet, jedoch hatten die Aktiven beim Springen oft Angst, mit dem Kopf an den Querbalken hängen zu bleiben. Geritten wurde auf allem was Pferd hieß: Kaltblüter, Oldenburger, Ostfriesen und Hannoveraner, soweit vorhanden, eben alle Arbeits- und Kutschpferde. Auch an Turnieren wurde zur damaligen Zeit teilgenommen. So ritten 1929 Christoph Wirries und Ernst Klinge bei einer Hildesheimer Reitveranstaltung in der Ausstellungshalle und gewannen je eine Gerte. Als sich 1933 die politischen und wirtschaftlichen Verhältnisse wandelten, stagnierte das Vereinsleben und kam im Jahr 1935 zum Ruhen.

1948-1951 Vorsitz Bernhard Wedig

 Schon 1947 bildete sich aber im Hildesheimer Reiterverein eine Abteilung aus Harsumer Bauernsöhnen. Auf Initiative ehemaliger Reiter und angespornt vom Nachwuchs wurde im Sommer 1948 der Reit- und Fahrverein Harsum und Umgebung wieder ins Leben zurückgerufen. Hierbei wirkte als Motor besonders Bernhard Wedig (Oststraße). In seiner Stube fand nach der Wiedergründungsversammlung auch manch andere Reiterbesprechung statt.

Entscheidend begünstigt wurden das Wiederaufleben und vor allem der weitere Aufstieg des Vereins durch den hervorragenden Reitlehrer und Vereinsfunktionär Oberstleutnant a.D. Ludolf Gerhard Sander. Er war durch den Kriegsausgang nach Harsum gekommen, wo er für den Reit – und Fahrverein genau der richtige Mann war. Mit ca. 20 jungen Reitern hatte der Verein einen gesunden Stamm, um schon bald an Turnieren teilzunehmen.

 Franz Wedig spannte schon 1948 seinen 40 PS Trecker vor drei Gummiwagen. Auf den ersten zwei Wagen wurden je sechs Pferde verladen und auf dem dritten mehrere Kutschen, Sättel und Zubehör. So ging es im Kriechgang über den Hainberg zum Turnier nach Bönnien. Zum Turnier ging es grundsätzlich entweder mit dem Trecker oder per Bahn. Dann wurde ein Waggon gemietet, alle Pferde nach Harsum hinübergeritten, dort verladen und ab ging es z.B. nach Bremervörde. Und es war schon etwas besonderes, wenn man die großen 40 PS Trecker von Franz Wedig oder den 30 PS Trecker von Jupp Graen nehmen konnte und so zügig voran kam, statt manchem leistungsschwachen Traktor, wo manchmal mehr PS auf den Anhängern war als davor. In dieser Zeit waren die Aktiven eine besonders verschworene Gemeinschaft, da von der Abfahrt Freitag Mittag bis zur Wiederankunft Sonntag spät abends alle auf dem selben Turnier und im selben Quartier bleiben mussten. Auch in den 60er Jahren fuhren die Aktiven im Winter mit Trecker und Anhänger zum Training in die Reithalle. Das änderte sich erst Ende der 60er Jahre, als die PKW-Anhänger sich durchsetzten. Bereits am 11. und 12.6.1949 wurde das erste Harsumer Nachkriegsturnier durchgeführt.

1951-1963 Vorsitz Josef Heineke

1951 übernahm Josef Heineke den ersten Vorsitz von Bernhard Wedig. Dieses Amt hatte er bis 1964 inne. Die Turniere 1949 und 1952 (mit über 5000 Zuschauern) brachten neben sportlichen Erfolgen auch finanzielle Vorteile. Auf Vereinskosten konnten so acht Reiter zur Landesreitschule nach Hoja geschickt werden, wo sie alle nach fünfwöchigem Lehrgang das bronzene Reiterabzeichen ablegten. Schon im Jahre 1953 gelang es den Harsumern, neben dem Preis des Landvolkes auch den Preis des Bezirkes zu gewinnen. Allein sieben Siege in Mannschaftsspringen gingen in diesem Jahr auf das Konto der Harsumer Reiter. Eine stolze Zahl, die bis heute nur einmal übertroffen wurde. Von nun an waren Harsumer Reiter in ganz Niedersachsen bekannt geworden. So konnte es sich der Verein erlauben, seine Reiter mit guten Pferden zu großen Veranstaltungen zu schicken. Franz Kracke gelang es 1953 und Franz Bormann sogar 1954 und 1955 beste ländliche Reiter Niedersachsens zu werden und mehrere Bezirksmeisterschaften zu gewinnen. Gisela Herzog, spätere Rennreiterin, erwarb diesen Titel 1958 im Reit- und Fahrverein Harsum.

Im Winter 1954 und 1955 fanden die Reiter eine Hallenreitgelegenheit bei den Engländern auf dem Flughafengelände. Von 1959 bis 1962 waren sie Gast in der Hildesheimer Reithalle an der Schützenwiese. Zwei Winter 1967 und 1968 konnten die Aktiven die Reithalle der Bundeswehr in der Ledeburkaserne nutzen, bevor es von 1969 bis 1974 in die Hohenhamelner Reithalle im Winter ging. .Nicht zu vergessen, dass die Reiter vor Jahrzehnten immer im Sommer auf dem Reitplatz von Franz Bormann, sen. kostenlos trainieren konnten. Ab 1975, gleich nach der Eröffnung der frisch erstellten Reitanlage Steuerwald, wurde der Verein hier im Winter als Gast aufgenommen.

1963-1984 Vorsitz Bernhard Philipps

Von 1963 bis 1984 stand Bernhard Philipps an der Spitze des Reitervereins. Mit ihm hatte der Verein für 21 Jahre einen beispielhaften Vorsitzenden. 1984, zu einer Zeit als Friedrich Steinmann selbst noch aktiv ritt, übernahm er den Vereinsvorsitz. Unter seiner Regie wurden die Turniere in Klein Förste etabliert und gewannen weiter an Anerkennung. Anfang der 80er Jahre gelang es dem Verein wieder einen, wenn auch kleinen, Reitplatz in Harsum von der Gemeinde zu erlangen. Hier wurde das Sommertraining auf 2500m2 durchgeführt, das mittwochs abwechselnd von einem Spring- und einem Dressurausbilder geleitet wurde. Auch an den anderen Tagen wurde der Reitplatz von den Aktiven stark frequentiert. Meist gab es hier im April, zu Beginn der grünen Saison, ein öffentliches Anreiten. Dieser Platz musste im Spätsommer des Jahres 2000 allerdings wieder an die Gemeinde abgetreten werden.

1985-1995  Vorsitz  Friedrich Steinmann

Im Januar 1990 fand der nächste Wechsel beim Winterreiten statt. Jetzt mieteten sich die Reiter zum Wintertraining in die Reithalle bei Winfried Blume in Heisede ein, wo sie immer sehr freundlich aufgenommen wurden. In der Zeit 1985-1995 war Friedrich Steinmann erster Vorsitzender des Reitvereins. Er stellte dem Verein nicht nur sein Land zur Verfügung, um regelmäßig eigene Reitturniere durchzuführen, sondern bewirkte ebenso, dass dem Verein in Harsum ebenso ein kleiner Reitplatz zu Verfügung stand.

1996 Vorsitz Franz Bormann jun. & 1996-1999 Vorsitz Wilhelm Krone

Seit 1998 wird für das Winterreiten die Reithalle von Franz Bormann in Hüddessum angemietet. Hier werden traditionell mittwochs der Spring- und sonntags der Dressurunterricht durchgeführt. Nach einer Übergangszeit von einem Jahr, in dem Franz Bormann jr. dem Verein vorstand, war seit 1996 Wilhelm Krone der Vereinsvorsitzende. Er musste gleich ein halbes Jahr nach seiner Wahl sein Meisterstück abliefern, als es unter seiner Leitung beim Turnier im Sommer 1996 in Klein Förste erstmals ein S-Springen gab.

1999- 2009 Vorsitz Dr. Karl-Heinz Wirries

Ein ähnliches Schicksal ereilte auch Herrn Dr. Karl-Heinz Wirries, der seit 1999 den Vereinsvorsitz innehat. Zieht man nun eine Bilanz über die vergangenen Jahrzehnte, so hat sich doch ein gewaltiger Wandel in der Reiterei vollzogen. Aus dem in der Landwirtschaft angesiedelten Gebrauchspferd ist inzwischen das Sportpferd geworden. Statt wie früher 3 Tage mit Trecker und umgebautem Gummiwagen gemeinsam auf einem Turnier zuzubringen, wird heute in unserer hoch technisierten Zeit mit Pkw und Pferdeanhänger manchmal zweimal am Tag 80 km zu einer Veranstaltung gefahren. Früher waren alle am Wochenende auf demselben Turnier, heute findet man die Vereinsmitglieder oft auf verschiedenen Pferdeleistungsschauen. Im Verein trägt besonders die Jugendarbeit ihre Früchte. So gibt es – neben den Voltigier-Gruppen, in denen Anfänger an und auf das Pferd geführt werden – immer auch ein gesundes Verhältnis von erfahrenen und jungen Reitern, die berechtigte Hoffnung für weitere Erfolge des Vereins gibt. Für eine derartig erfolgreiche Vereinsarbeit ist natürlich ein geeignetes Trainingsgelände – neben engagierten Mitgliedern und Trainern – eine notwendige Grundvoraussetzung. Betrachtet man die Vereinsgeschichte, so wird deutlich, dass die Trainingsmöglichkeiten der Harsumer Reiter auf eine sehr bewegte Vergangenheit – geprägt von häufig wechselnden Übungsplätzen und angemieteten Reithallen – zurückblicken kann.

Trotz der Unterstützung von verschiedenen Seiten war aber das Problem der Trainingsmöglichkeiten für die Aktiven grundsätzlich für einen langen Zeitraum noch nicht gelöst. 2003 entwickelte sich dann der Plan, eine Reitanlage in Hüddessum auf einer dem Verein von Franz Bormann, jun. zur Verfügung gestellten Fläche zu errichten. Gleichzeitig sollte die Gemeinde in der Ortschaft Harsum dem Verein einen kleinen Trainingsplatz zur Verfügung stellen. Für die Harsumer Reiter war es immer der größte Traum gewesen, einen eigenen Reitplatz zu haben, um ordentliche Reitturniere unter optimalen Bedingungen veranstalten zu können, für gute Trainingsbedingungen und zur Förderung des Nachwuchses Dieser Plan nahm in den Jahren 2004/05 konkrete Formen an. Dr. Karl-Heinz Wirries bemühte sich immer wieder um neue Verhandlungen, nachdem sich ein Gelände an der Zuckerfabrik Harsum als Biotop entpuppte. Er gab nicht auf und 2005 war es dann endlich soweit: Franz Bormann hatte ein Stück Land zur Verfügung gestellt. Der „Reitplatz-Ausschuss“, bestehend aus Franz Bormann, jun., Norbert Schütze, Bernward Engelke, Kathrin Hartje und Jürgen Wente, nahm die Realisierung des Projekts mit viel Engagement in Angriff: Angebote wurden eingeholt, Reitplätze besichtigt, mit Behörden und Ämtern telefoniert, Sondersitzungen wurden einberufen und noch vieles mehr. Mit freundlicher Unterstützung vieler Sponsoren, der Gemeinde Harsum und des Kreis- und Landessportbundes wurde uns schließlich die Umsetzung unseres Plans ermöglicht. Dann folgten Arbeitseinsätze, bei denen alle Mitglieder gefragt waren. Aber das Engagement hat sich gelohnt: Zum einen hat die Gemeinde Harsum dem Reitverein seit dem 01.10.2006 ein Trainingsgelände in der Nähe des Fußballplatzes am Kanal verpachtet, zum anderen konnte der Verein am 03.10.2006 stolz die Einweihung seiner Reitanlage im Ortsteil Hüddessum feiern. Diese besteht neben ausreichend Parkmöglichkeiten aus einem Dressur- und einem Springplatz, der sich durch seine besondere Bauart, dem „Ebbe – Flut“ – Verfahren auszeichnet, welches eine stets gleich bleibende Feuchtigkeit des Bodens, keine Belästigung durch Staub und eine unproblematische Handhabung der Pflege garantiert. Seit der Einweihung sind noch viele weitere Arbeitseinsätze erfolgt, so dass der R. u. F. Harsum u. U. – Dank der freundlichen Unterstützung vieler Sponsoren, Mitglieder und ehrenamtlicher Helfer sowie dem Einsatz des Vorstandes – sein 21. großes Reit- und Springturnier nun auf dem eigenen Reitgelände durchführen kann.

2009- … Vorsitz Norbert Schütze

Seit der Einweihung des Reitplatzes führte der Reit-und Fahrverein Harsum nun mittlerweile ein jährliches Reitturnier durch. Im Jahr 2009 wurde Norbert Schütze neuer erster Vorsitzender des Vereins. Da die Anfrage der Turniere so gigantisch war, reichte ein Turnierwochenende schon bald nicht mehr aus, sodass nun jährlich zwei Turniere im September des Jahres stattfinden. Das erste Wochenende begrenzt sich dabei auf die Einsteigerprüfungen bis zur Klasse M, das zweite Turnier hingegen hat seinen Schwerpunkt auf den höheren Springprüfungen. Seit 2011 finden sogar zwei S**-Springprüfungen statt, wobei unser erster Vorsitzender Norbert Schütze das Sponsoring des Großen Preises übernimmt.

Im Jahr 2012 wurde das Vereinsgelände noch weiter ausgebaut und es wurde am Rande des Reitplatzes ein Mehrzweckgebäude errichtet, welches über einen Raum für die Richter, die Meldestelle sowie einen Schulungsraum verfügt. Im Jahr 2014 wurde dort auch endlich der Ausbau der Toiletten vollendet, so dass der Verein nach und nach ein immer größeres und erfolgreicheres Turnier absolvieren kann.

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